iSchreibmaschine

Als ich das iPad vor einem knappen Monat kaufte, hatte ich noch keine Ahnung, was ich damit anstellen wollte. Abgesehen davon, dass es mein MacBook mittlerweile in fast allen Bereichen ersetzt, benutze ich es für eine Tätigkeit, die die meisten Kritiker (und ich selbst auch) für praktisch unmöglich gehalten haben: ich schreibe darauf. Und zwar viel mehr, als ich es vorher jemals getan habe.

Das iPad ist für mich das ideale Schreibgerät.

Und das trotz fehlender Tastatur. Egal wie oft ich die Kritik höre, eine Hardwaretastatur wäre einfach nicht zu ersetzen: für mich trifft dies einfach nicht zu. Die Tasten auf der virtuellen Tastatur sind exakt so groß wie die meines MacBooks. Blind tippen konnte ich eh noch nie so richtig: die Tastatur jederzeit direkt im Blickfeld zu haben gleicht für mich den Nachteil der fehlenden Haptik mehr als aus. Und in der iPad Schutzhülle federt das iPad bei Druck ein wenig mit, was für ein recht angenehmes Tippgefühl sorgt, das Finger machen auf dem Glasdisplay ein angenehmes, ploppendes Geräusch. Die Tastatur des iPads ist mindestens „gut genug“.

Besonders toll ist das direkte Bearbeiten des Textes mit den Fingern: man kann direkt an die zu Editierende Stelle hineingreifen, anstatt erst zum „Zeigerbeweger“ irgendwo neben der Tastatur und außerhalb des Blickfelds greifen zu müssen.

Ein weiterer Grund, der das iPad so gut macht, ist die ständige Verfügbarkeit. Das iPad ist so leicht, dass es sich nicht lohnt einen Gedanken darauf zu verschwenden, ob ich es mitnehmen soll — es ist einfach immer dabei. So hatte ich im Urlaub neben Badehose, Handtuch und Sonnenbrille immer das iPad bei mir. Zur Verfügbarkeit gehört aber nicht nur, ein Gerät dabei zu haben, man muß es auch nutzen. Mein MacBook habe ich nur in relativ privaten Umgebungen aus der Tasche genommen: im Café, bei längeren Zugfahrten oder im Büro.Das iPad ist klein genug um praktisch überall benutzt zu werden, es ist unglaublich schnell Betriebsbereit (viel schneller als jeder Laptop, selbst wenn er sich im Ruhemodus befindet). Der große Akku sorgt für streßfreien Betrieb ohne ständiges nervöses Schielen auf den Akkufüllstand. Und genau so schnell, wie das Gerät betriebsbereit ist, ist es auch wieder weggepackt: ein Druck auf die „Lock“-Taste und schon ist es bereit in den Rucksack geworfen zu werden.

Auch die Software trägt ihren Teil bei, um das Tippen angenehmer zu machen: Das fehlende Multitasking sorgt für ungestörtes Arbeiten. Und auch der fehlende „Sichern“-Button macht sich positiv bemerkbar: es gibt nichts, um das man sich Gedanken machen müsste, die Software sorgt schon dafür, dass man seine Daten wiederbekommt. Wie veraltet das Konzept des „Speicherns“ einer Datei ist, zeigt ja schon die Tatsache, dass es meist durch ein Diskettensymbol repräsentiert wird.

Besonders toll ist dabei das Programm „Simplenote“, welches jeden Text jederzeit mit meinem iPhone abgleicht und auf dem Desktop verfügbar macht: egal wo ich mich befinde, ich kann jederzeit einen Gedanken oder Stichpunkt in einen Text einfügen ohne später die einzelnen Versionen zusammenfriemeln zu müssen,

Natürlich ist mir klar, dass sich viele dieser Bedingungen auch auf einem PC herstellen lassen. Und genauso klar ist mir, dass meine Schreibwut zu einem guten Teil auch nur dem Spieltrieb auf dem neuen Gerät verschuldet ist. Jedoch bleibt mir nach der kurzen Zeit nur ein Schluß: die Befürchtung, das iPad sei ein reines Konsumgerät und nicht zum Erstellen von Inhalten geeignet, hat sich als ganz und gar falsch erwiesen.

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11 Kommentare

  1. Hmmm… neulich ging er noch. Allerdings scheint flattr heute ein wenig Probleme zu haben, ich konnte vorhin einen Artikel in einem anderen Blog nicht flattrn.

  2. Absolut. Ich mache ähnliche Erfahrungen. Vielleicht ist es hier aber mal ein Vorteil kein 10-Finger tipper zu sein. Inzwischen, nach gerade mal einer guten Woche hätte ich gern ein 24″ iPad als CAD Workstation. Aber eben ein großes iPad. Ein Monitor mit Touch an einem ansonsten normalen Win-PC bleibt imho Bu…it.

  3. Flattrn geht bei mir auch nicht. Schon gestern Abend konnte ich lustig drauf klicken und es passierte nichts.

    Egal: Was ich sagen wollte: Die Kommentatoren haben das iPad natürlich unterschätzt. Der Knackpunkt an dem Gerät war ganz klar iWork. Damit hat Apple klargemacht, dass es eben mehr als ein Consumer Device ist. Und weil Apple das wichtig war, war der Zeitanteil in der Präsentation auch entsprechend groß.

    Der große Nachteil für mich ist immer noch Cut/Copy/Paste. Das ist auf einem System mit Cmd-C etc immer noch viel einfacher. Wenn ich einen Text schreibe und eine URL einfügen will, die ich gerade im Safari offen habe, is das Gehampel. Textprogramm beenden, Browser öffnen, in des URL Feld klicken, alles auswählen, kopieren wählen, browser beenden, textprogramm öffnen, Cursor setzen, Text einfügen und dann die gleiche Prozedur nochmal für den Titel der Seite. Ich weiss, das wäre auf einem Mac auch prinzipiell nicht anders. Trotzdem ist das ist etwas, was auf einem System mit Tastatur in maximal der Hälfte der Zeit erledigt werden kann.

    Aber sonst ist das iPad schon cool!

  4. Umso schöner, dass es scheinbar auch diesen Bereich abdecken kann.

    Für mich wird ein iPad wohl erst in der nächsten Version interessant – aber die vielen Berichte, vorallem auch von ehem. Skeptikern, lassen einen schon nervös werden 😉

  5. Max, jetzt hab ich eben Deinen überzeugenden Text gelesen und will fast auch eins haben. Ist das iPad denn eigentlich aus deiner Sicht auch als alleiniger Privat-Computer tauglich?

  6. @Tillmann: im Augenblick ist das iPad sicher noch kein 100%iger Ersatz für einen PC. Aber sicher kann man den Kauf eines neuen PCs etwas hinauszögern, wenn der alte zu langsam geworden ist indem man sich ein iPad zulegt.

  7. Guter Artikel! Wo bekomm ich jetzt mein iPad 3G?

    Kann dir Notational Velocity als Simplenote Companion für den Mac empfehlen.

  8. Ich würde das ja gern mal sehen, wie man auf so einem IPad gut schreiben kann (Ich kann es nicht). Man könnte auch sagen, dass eine solche Wahrnehmung von einem Nicht-Blind-Tipper natürlich sowieso auch keine Referenz ist. So einfach würde ich es mir aber nicht machen wollen …

    Davon mal abgesehen ist es ja nichts besonderes heutzutage über die nahezu magischen Fähigkeiten der Software-Tastatur des IPads zu fabulieren und ich frage mich nach diesem Beitrag wirklich (nein, nicht wirklich, war ein Scherz), ob man ein 1000 Seiten Buch auf solch einem IPad theoretisch schreiben könnte …

    Ich würde es jedenfalls anders formulieren (bei allen Sinnen für die Innovation des IPads): Wer eine alte Tastatur, vielleicht aus dem Keller, eines C64 hat, der schreibt damit in jedem Fall schneller als auf einer Software-Tastatur. Für eine Software-Tastatur ist die Version des IPads gar nicht so schlecht.

    Willkommen in der Zukunft! (oder in der Vergangenheit?)

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